Denken in der Box: Ideen ordnen in der Projektschachtel

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Eben hatte ich einen guten Einfall, dann hat mich mein zweijähriger Sohn etwas gefragt – und schon war der Gedanke verschwunden. Geht es euch auch so? Hätte ich die Idee doch gleich notiert …

Zusammen mit meinem Siebenjährigen entwickele ich immerzu neue Projektideen. Dinge, die wir herstellen, Brettspiele, die wir uns ausdenken, oder Reparaturen, die wir durchführen wollen. Doch nach einem langen Tag in der Ganztagsschule bleibt oft kaum Zeit dazu, diese Projekte umzusetzen. Manchmal fangen wir etwas an, können es aber nicht gleich abschließen und verlieren es aus den Augen. Monate später finden wir ein halbes Schiff, ein angefangenes Bild oder eine Zwille ohne Gummi wieder und uns fällt ein, dass wir das ja mal machen wollten.

Es ist schade, wenn Projekte im Alltag untergehen – aber es ist auch keine Katastrophe. Denn jetzt haben wir eine Möglichkeit gefunden, unserm Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen: unsere Projektschachtel. Sie braucht keinen schicken Namen, um nützlich zu sein, aber wir könnten ihr sicher einen geben, wenn uns etwas daran läge.

Projektschachtel: selbst ein kleines Projekt

Gemeinsam identifizieren wir, was sie leisten soll. Nämlich dreierlei: Ersten soll sie uns die Möglichkeit bieten, neue Projekte einfach und schnell notieren aber auch wieder verwerfen zu können. Zweitens soll sie uns immer vor Augen führen, welche Projekte wir bereits angefangenen aber noch nicht abgeschlossen haben. Drittens soll sie uns nach dem Abschluss daran erinnern, was wir schon zusammen geleistet haben.

Man könnte eine Softwarelösung wie Zettelkasten 3, Evernote, Microsoft OneNote und vielleicht auch Miro oder ähnliches dafür finden. Doch da der Zweitklässler gerade fleißig Schreiben übt, ist eine Papier-Lösung für den Moment sinnvoller. Sie ist leichter zugänglich, erlaubt es ihm, seine Handschrift zu üben und erhöht nicht die Bildschirmzeit. Ohnehin ist Papier ein fantastischer Werkstoff, aber darüber schreibe ich ein andermal mehr.

Denkbar wäre eine handschriftliche Liste auf einem einfachen Blatt Papier, die aber nach kurzer Zeit unübersichtlich und durch Streichungen oder Änderungen unansehnlich werden kann. Ein Heft oder Buch, in dem für jede Seite ein Blatt reserviert wird, wäre eine Alternative. Die Seiten lassen sich jedoch nachträglich nicht leicht umordnen, so dass abgeschlossene Projekte und vage erste Ideen nebeneinander stünden. Aktenordner oder Ringbücher können diese Anforderung erfüllen. Wir hatten zufällig eine Schachtel aus dünnem Karton da, die perfekt geeignet war. Sie hat nicht nur einen Deckel, sondern obendrein drei Einleger mit den Aufdrucken Phase 1, Phase 2 und Phase 3. Kurzerhand haben wir Phase 1 zur Ideenphase erklärt. Phase 2 enthält alle laufenden Projekte, die wir noch beenden müssen. Und in Phase 3 legen wir sie anschließend, um sie bei Bedarf noch einmal hervorzuholen.

Jedes Projekt erhält ein eigenes Blatt im Format DIN-A6. Darauf schreiben wir eine knappe Bezeichnung. Oft kommt noch eine grobe Skizze hinzu, so dass wir gleich auf den ersten Blick erkennen können, worum es geht.

Was ihr für eine eigene Projektschachtel benötigt:

+ Einen Behälter

Das kann eine kleine Schachtel sein, oder ein Schuhkarton, ein Karteikasten ist perfekt, aber auch alles andere geht. Gebt dafür kein Geld aus, ihr findet sicher etwas bei Euch Zuhause.

+ Karten oder Zettel und Stifte

Für jedes Projekt verwendet ihr ein Blatt oder eine Karte. Wählt sie so aus, dass sie in euren Behälter passen. Vielleicht habt ihr noch Postkarten, die ihr nicht mehr braucht? Ein Stift zum Beschriften genügt, aber mit verschiedenen Farben wird es vielleicht anschaulicher.

+ Einleger für verschiedene Rubriken

Nur falls gewünscht und leicht selbst herzustellen.

Wenn wir nun etwas suchen, mit dem wir uns beschäftigen können, holen wir die Schachtel hervor und blättern durch die eingelegten Zettel und wählen ein Projekt. Eigentlich haben wir sogar zwei Projektschachteln, denn ich habe eine eigene für meine Ideen.

Wer keine Schachtel parat hat, kann eine Karteikartenbox nehmen, eine Schachtel mit dem Laser ausschneiden (bei MakerCase kann man sich leicht eine passende Vorlage erstellen) oder ein Kanban verwenden. Es spielt keine große Rolle, wie man es umsetzt, so lange die Lösung eigenen Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Denn klar ist, dass man solche Hilfsmittel zur Selbstorganisation langfristig nur benutzt, wenn sie sich bruchlos ins Makerleben integrieren lassen.

Mögliche Abwandlungen oder Ergänzungen sind farbige Papiere für verschiedene Typen von Projekten, Milestones, Beteiligte, notwendiges Material, Erfolgskriterien, lessons learned. Die Frage ist, wie weit man die Techniken des Projektmanagements entfalten möchte. Komplexitätssteigerung ist möglich, aber nicht unbedingt nützlich, wenn sie dazu führt, dass die Projektorganisation mehr Arbeit erfordert als die Umsetzung der Projekte selbst.

Ausblick

Welche Kernkompetenzen werden gefördert?

+ Kommunikations- und Sprachfähigkeit

Die Projektkarten selbst anzulegen, fördert die Sprachkompetenz, etwa indem das Projekt beschrieben und Ziele formuliert werden.

+ Alltagsbewältigung

Techniken efolgreicher Selbstorganisation werden wichtigstes Hilfsmittel hoch geschätzt, aber nur selten aktiv vermittelt.

Kindern – und Erwachsenen ebenso – können Hilfsmittel wie die Projektschachtel helfen, Ordnung in ihre Arbeit, ihre Hobbies oder ganz grundsätzlich in ihr Leben zu bringen. Wer es schwer finde, den Überblick zu behalten, findet hierin also vielleicht wertvolle Unterstützung. Selbstorganisation ist dabei nicht das Eingeständnis eines Versagens, eine Krücke, die es zu vermeiden gilt, sondern im Gegenteil die Basis für soliden Erfolg in vielen Bereichen des Lebens. Kindern frühzeitig zu vermitteln, dass sie sich, ihre Ideen und Projekte organisieren können, und wie dies gelingen kann, scheint mir daher sehr wertvoll zu sein. Und ich wünschte, mir selbst hätte man solche Techniken des Selbst früher nahegebracht. Wer Projekte organisieren lernt, dem fällt im Leben vieles leichter.

Zudem gehört Projektideen entwickeln zu den Skills, die es zu fördern gilt. Kinder machen dabei erste Erfahrungen darin Ziele zu setzen und zu formulieren, Löswungswege zu erkennen oder zu ersinnen, Aufgaben in Teile zu gliedern und zu organisieren, Erfolgskriterien festzulegen sowie Herausforderungen und Hindernisse zu erkennen. All das natürlich in unterschiedlichem Maße, je nach Alter und Neigung, und sicher auch nicht in jedem Fall bewusst und reflektiert.

Die taktile Dimension der Projektschachtel sagt mir persönlich sehr zu, aber für komplexe Projekte verwende ich Softwarelösungen, z.B. ein Kanban. Dazu bei einer anderen Gelegenheit mehr. Jetzt nehme ich den Projektzettel für diesen Blogpost aus Phase 2 und lege ihn in Phase 3!

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